Bioidentische Hormone – Fluch oder Segen?

Mittlerweile wird viel über bioidentische Hormone und ihren oft „magischen“ Einsatz im Bereich der Gewichtsreduktion und des Wohlbefindens berichtet.

Das Thema Gewicht ist für die meisten Frauen von großer Bedeutung und es wird alles unternommen, um die lästigen Pfunde loszuwerden. Insbesondere die Wechseljahre stellen eine große Herausforderung dar, wenn es um dieses Thema geht. 

Was sind nun eigentlich bioidentische Hormone? Bioidentisch bedeutet baugleich. Im Gegensatz zu synthetisch hergestellten „Hormonen“, bei denen die Struktur den körpereigenen Hormonen nicht entspricht, sind die bioidentischen Hormone quasi baugleich. Oft werden Sie aus Pflanzen, wie bspw. der Yamswurzel hergestellt. 

Diese Hormone gleichen dann von ihrer Struktur den körpereigenen Hormonen und können daher recht gut vertragen werden. Vorausgesetzt, die Dosierung und die Indikation sind richtig.  Denn genau hier findet man die meisten Fehler. Schon die Dosierangaben der Hersteller sind durchaus irritierend. Dort werden Tagesdosierungen angegeben, die ich sehr kritisch betrachte. Ich habe häufig den Eindruck, dass für viele Behanlder die Gabe von bioidentischen Hormonen, häufig das Progesteron, die Antwort auf alle Beschwerden ist. Insbesondere jedoch die Lösung, um endlich Gewicht zu verlieren. Und diese Versprechen sollte man kritisch hinterfragen!

Denn was ich nicht selten in der Praxis sehe, ist leider genau das Gegenteil vom erhofften Gewichtsverlust.

Unser Hormonsystem ist ein so feines System, dass die Arbeit mit Nuancen häufig ausreicht. Eine zu hohe Dosierung kann die vorliegenden Symptome massiv verschlechtern. Genau das kann dann passieren. Unser Körper ist mit einer zu hohen, unpassenden Hormongabe meist schlichtweg überfordert. Er schützt sich. Unser Organismus ist so intelligent, dass er in jedem Moment weiß, was er benötigt, um am Leben zu bleiben. Es ist durchaus denkbar, dass ein gestresster Organismus aus dem geschluckten Progesteron in einer anstrengenden Lebensphase einfach das macht, was er in dieser Situation dringender braucht, nämlich Stresshormone.

 Stress hat immer Vorfahrt, denn schließlich geht es in solchen Situationen um unser Überleben und genau das ist mit die wichtigste Aufgabe, die wir als Mensch haben. Und wenn man ein stressiges Leben hat, dann macht unsere Schaltzentrale im Kopf keine Unterschied zwischen einer lebensbedrohlichen Situtaion udn „stress im Büro oder mit dem Partner. Stress ist Stress und um das zu bewältigen benötigt es Stresshormone. Und Stresshormone sind Zuckerlieferanten, denn sie sorgen dafür, dass wir die nötige Energie erhalten, die wir für unsere Stressbewältigung brauchen. Und was zu viel Zucker auf Dauer im Körper macht ist auch kein Geheimnis. Es kann sich eine Insulinresistenz, Leberbelastung und Miktobiomverschiebung einstellen, um nur mal ein paar stressbedingte Risiken zu nennen.

Vielfach werde ich gefragt, was ich denn nun von bioidentischen Hormonen halte und hierzu kann ich sagen, dass ich das eine gute Einsatzmöglichkeit finde, vorausgesetzt es passt zur vorliegenden Situation und dem Beschwerdebild. Ich halte es für sehr fraglich, bioidentische Hormone zu schlucken, nur weil das gerade Trend ist, oder weil die Freundin wunderbar abgenommen hat. 

Wenn aber Untersuchungen zeigen, dass der Einsatz gerechtfertigt wäre, kann das hilfreich sein. Die individuelle Höhe ist dann kritisch zu betrachten.

Es ist in meinen Augen auch unerlässlich, sich nicht nur auf einen Bereich zu konzentrieren, sondern den gesamten Organismus zu betrachten. Was machen die Hormone im Bereich der Schilddrüse, den Nebennieren und in weiteren Hormonbereichen?

Braucht der Darm oder die Leber evtl. eine Unterstützung?  Gibt es psychische Belastungen bzw. wie sieht die individuelle Lebensweise generell aus? Das alles ist wichtig und führt letztendlich zu einem individuellen Bild, welches dann viel besser beurteilt werden kann.