Testosteron – ein oftmals vergessenes Hormon

Sein Ruf ist nicht gerade ansprechend. Es macht aggressiv und steigert das sexuelle Verlangen. Somit scheint es ein klassisches Männerhormon zu sein. Im Englischen spricht man auch öfter vom „testosterone poisoning“, dem unvernünftigen negativen Gebaren von Männern. Hat mit uns Frauen also wenig zu tun. 

Nun, dieser relativ schlechte Ruf ist sicher nichts Neues. Aber ist das so? Macht dieses „männliche“ Hormon wirklich aggressiv und führt zu überzogenem Verhalten? Und was haben wir Frauen eigentlich mit Testosteron zu tun? 

Es gibt einige Studien zum Thema Verhalten & Testosteron. Den neusten Untersuchungen zufolge fördert Testosteron sogar unsere Ehrlichkeit und das prosoziale Verhalten. 

Aber, wichtig zu merken, kein Hormon macht ein bestimmtes Verhalten. Es ist eher reziprok zu sehen, will heißen, das eine bedingt das andere. Neueste Erkenntnisse zeigen ähnliche Ergebnisse. Menschen unter Tes­tos­te­roneinfluß handeln fairer und ehrlicher.

Und nicht nur das ist positiv zu erwähnen, Testosteron hat unzählig viele günstige Einflüsse auf uns Menschen.  Es gibt uns Fokus, Durchhaltevermögen, Kraft, Motivation, Antriebe usw.

Aber was, wenn das Testosteron nicht zu viel, sondern zu wenig vorhanden ist?

In meiner täglichen Arbeit sehe ich oft Testosteronmangelzustände. Auch bei Frauen. Nun ist aber zu beachten, Testosteron ist kein rein männliches Hormone, auch wir Frauen haben es, ebenso wie Männer auch Östrogene haben. Die Konzentration ist der Unterschied. Männer haben eine bis zu 10 x höhere Testosteronkonzentration als Frauen. Dennoch benötigen auch Frauen Testosteron. Insbesondere für die sexuelle Erregung ist dieses Hormon bei Frauen von großer Bedeutung. Ab einem gewissen Alter scheint diese Erregungsfähigkeit rapide abzufallen. Ebenso körperliche Kraft, Durchhaltevermögen, Selbstbewusstsein, Muskelmasse und auch der Körperfettanteil unterliegen dem Einfluss von Testosteron. 

Und hier wäre die Aussage „Stress macht dick“ zutreffend gewählt. Bei einer zu hohen Stressaktivität, sprich einer zu hohen Cortisolkonzentration, sinkt das Testosteron. 

Bei Frauen zeigt sich oft um den Beginn der Wechseljahre, wenn die Östrogene anfangen abzusinken, verhältnismäßig hohe Testosteronspiegel, die sich jedoch günstig auf die Libido auswirken. Oftmals sinkt das Testosteron dann im weiteren Verlauf und Beschwerden machen sich breit. Mitunter führend ist der sogenannte Hormonbauch, der sich oft irgendwann eingestellt. Hier sind zu niedrige Testosteronspiegel jedoch nicht als Auslöser zu sehen. 

Testosteron nur für Männer?

In der Therapie bei Frauen wird es etwas schwierig. Schulmedizinisch steht uns lediglich ein Produkt (Testosterongel) zur Verfügung, welches in der Konzentration jedoch Männern angepasst ist und bei Frauen eher kontraindiziert anzusehen ist. Gewisse Abkömmlinge des Testosterons, die im Rahmen der Synthese entstehen, könnten in einer zu hohen Konzentration bei Frauen zur „Vermännlichung“ führen. Haarausfall, verstärkte Gesichtsbehaarung und unreine Haut, wären typische Beschwerden, die sich einstellen könnten.

Testosteron „light“ 

Sofern ein Testosteronmangel mit eindeutiger Symptomatik vorliegt, rate ich Frauen zu einem Testosterongel. Um jegliche Vermännlichung zu vermeiden, natürlich in deutlich niedriger bioidentischer Zusammensetzung. 

Auch sollten Frauen sich nicht scheuen, Probleme wie Libidoverlust beim Arzt oder Therapeuten

anzusprechen.